Bedarfsdeckung bei BARF

Mit einem BARF-Rechner lässt sich ein Futterplan einfach zusammenstellen. Doch viele Tierhalter fragen sich, ob die Rohfutterrationen alle Nährstoffe enthalten, die der geliebte Vierbeiner braucht, um optimal versorgt zu sein. Schließlich möchte man keine Mangelernährung riskieren. Einige Rohfutterkonzepte basieren auf dem Beutetierprinzip. Das heißt, es werden entweder ganze Beutetiere gefüttert Prey Model (PMR) oder Beutetiere werden imitiert (Franken-Prey, BARF). Diesen Konzepten liegt die Annahme zugrunde, dass ein nachgeahmtes Beutetier den Hund in idealer Weise mit allen Nährstoffen versorgt.

Gibt es Nährstoffmängel?

Betrachtet man allerdings die wissenschaftlichen Bedarfswerte, z. B. nach NRC, so scheint es auf den ersten Blick hinsichtlich einiger Nährstoffe Defizite zu geben. Die folgende Tabelle zeigt die Analyse der NRC-Bedarfswerte einer BARF-Ration für einen ausgewachsenen 30 kg schweren Hund. Der kostenlose BARF-Rechner kann diese Ration nicht vollständig ermitteln – dafür würde es an Zusätzen fehlen, die allerdings unsere Premium-Versionen automatisch berechnen. Aber auch da zeigen sich auf den ersten Blick gewisse Defizite bei Zink und Mangan, die sichere Maximalzufuhr ist aber nirgends überschritten.

Nährstoff Mengen-einheit NRC-Bedarfswert Sichere Maximal-zufuhr Versorgung pro Tag mit BARF Bedarfs-deckung NRC
Calcium mg 1.666   1.906 114%
Phosphor mg 1.282   1.654 129%
Magnesium mg 253   255 101%
Natrium mg 83   450 542%
Kalium mg 1.795   1.798 100%
Eisen mg 12,8   36 281%
Kupfer mg 2,6   4 154%
Zink mg 25,6   13,6 53%
Mangan mg 2,1   1,0 48%
Iod µg 379,4   538 142%
Selen µg 151,3   160 106%
           
Vitamin A µg 641 26.906 1.213 189%
Vitamin D µg 5,8 32 6,7 116%
Vitamin E mg 12,8   42 328%
Vitamin B1 mg 0,9   1,0 111%
Vitamin B2 mg 2,2   2,3 105%
Vitamin B6 mg 0,6   2,1 350%
Vitamin B12 µg 14,7   37,2 253%
Vitamin B5 mg 6,3   6,9 110%
Vitamin B3 mg 7,3   23,1 316%
Biotin µg n.a.   74,9  
Folsäure µg 114   213 187%
           

Wie kann es sein, dass eine artgerechte Fütterung den Bedarf nach NRC nicht deckt? Dafür gibt es eine einfache Erklärung: Die NRC-Bedarfswerte gelten für Fertigfutter! Die Bedarfswerte sind für Futtermittelhersteller relevant, die ein Fertigfutter herstellen, das bedarfsdeckend sein soll. Aus diesem Grund basieren die Bedarfswerte auf der Zusammensetzung eines kommerziellen Fertigfutters und nicht auf selbst zusammengestellten Rationen auf Fleischbasis. Betrachtet man die Erläuterungen des NRC genauer, so wird deutlich, warum z.B. ein Hund, der mit Rohfutter gefüttert wird, nicht so viel Zink benötigt wie ein Hund, der mit Fertigfutter gefüttert wird.

Die Bioverfügbarkeit

Bei der Aufnahme von Nährstoffen kommt es darauf an, wie gut sie vom Körper verwertet werden können (Bioverfügbarkeit). Entscheidend ist, wie viel Prozent des aufgenommenen Zinks tatsächlich vom Hund aufgenommen werden können und wie viel ungenutzt wieder ausgeschieden wird. Aus diesem Grund gibt das NRC folgende Hinweise zum Zink-Bedarfswert für Hunde:

„Die Aufnahme von Zn aus der Nahrung ist weitgehend abhängig von anderen Substanzen in der Nahrung, die seine Bioverfügbarkeit verändern. Die meisten tierischen Produkte […] sind frei von Bestandteilen, die die Zn-Aufnahme stören, und […] Aminosäuren, die aus der Fleischverdauung stammen, können die Aufnahme von Zn sogar verbessern. Pflanzliche Produkte enthalten mit größerer Wahrscheinlichkeit Chemikalien, die die Zn-Absorption stören, wobei Phytat die bemerkenswerteste davon ist. […] Phytat ist in vielen pflanzlichen Quellen vorhanden, darunter Getreide wie Mais, Weizen und Reis und Ölsaatenmehle wie Soja, Erdnuss und Sesam, die 1,5 Prozent oder mehr Phytat enthalten können. Es ist seit langem bekannt, dass diätetisches Phytat die Absorption von Zn verringert, und diese Wirkung wird durch hohe Konzentrationen an diätetischem Ca noch verstärkt.“

Zudem ist mittlerweile auch bekannt, dass organisches Zink (wie es in Knochen oder Fleisch vorkommt) eine wesentlich höhere Bioverfügbarkeit hat als das häufig im Fertigfutter vorkommende anoragische Zink.

Zusammengefasst kann festgehalten werden, dass die Zinkaufnahme durch bestimmte Aminosäuren, die aus der Fleischverdauung stammen, erhöht wird. Gesenkt wird die Bioverfügbarkeit hingegen durch einen Stoff namens Phytat, der beispielsweise in Mais und Soja vorkommt. Hohe Gehalte an Calcium verstärken zudem das Problem. Außerdem spielt die Zinkquelle eine große Rolle.

Beispiel Zinkbedarf

Der NRC-Zinkbedarf für Hunde resultiert unter anderem aus einer Studie, in der sich das Futter der Versuchstiere folgendermaßen zusammensetzte:

  • Sojamehl: 40 %
  • Maiskörner: 35 %
  • Zucker: 10 %
  • Schmalz: 10 %
  • Vitaminmischung: 1 %
  • Zink: 4 %
  • Calcium: 0,3–2 %

Dieses Studienfutter besteht fast ausschließlich aus pflanzlichen Komponenten und liefert kein tierisches Eiweiß. Der Effekt, dass die Zinkaufnahme durch tierisches Eiweiß erhöht werden kann, kommt daher nicht zum Tragen. Zudem besteht dieses Futter zu insgesamt 75 % aus Soja und Mais, also aus phytathaltigen Komponenten. Diese Komponenten hemmen die Zinkaufnahme zusätzlich. Das NRC geht daher von einer Bioverfügbarkeit von nur 25 % des Zink-Bedarfswertes für Hunde aus. Der Bedarfswert von 1 mg pro kg Körpergewicht berücksichtigt also, dass nur 0,25 mg aufgenommen werden können, der Rest steht aufgrund des Phytatgehaltes der Nahrung und der „falschen“ Proteinquelle nicht zur Verfügung. Diese Vorgehensweise ist sehr sinnvoll, da die Bedarfswerte auf ein handelsübliches Fertigfutter angewendet werden sollen. Eine BARF-Ration unterscheidet sich davon jedoch erheblich. Sie enthält fast ausschließlich tierisches Eiweiß und kaum Phytatquellen. Dies hat zur Folge, dass die Bioverfügbarkeit von Zink in der BARF-Ration deutlich höher ist. Spezielle BARF-Bedarfswerte werden vom NRC nicht zur Verfügung gestellt. Im Humanbereich wird jedoch zwischen Vegetariern und Fleischessern unterschieden. Die NRC-Bedarfswerte für Zink beim Menschen unterscheiden sich je nach Ernährungsform um bis zu 50 %. Der Zinkbedarf ist also doppelt so hoch, wenn sich ein Mensch vegetarisch oder vegan ernährt. Geht man beim Hund analog zum Menschen vor und nimmt bei einer fleischbasierten Ernährung wie BARF, die wenig Phytat enthält und Zink aus tierischen Quellen liefert, eine doppelt so hohe Bioverfügbarkeit von 50 % an: Der Bedarfswert halbiert sich. Der tatsächliche Zinkbedarf kann also mit der BARF-Ration problemlos gedeckt werden – auch ohne synthetische Zusätze.

Welche Werte sind noch betroffen?

Im Übrigen führt die Betrachtung der Studien auch bei anderen Nährstoffen, z. B. beim Calcium-, Eisen-, Magnesium-, Kupfer-, Mangan- und Phosphorbedarfswert zum gleichen Ergebnis, allerdings werden in den meisten BARF-Plänen lediglich die NRC-Bedarfswerte für Zink und Mangan nicht erreicht. Das ist der Grund, warum eine Ernährung, die auf dem Beutetierprinzip basiert, keine Zink- und Mangansupplemente benötigt, auch wenn der NRC-Bedarfswert auf den ersten Blick nicht gedeckt wird. Der Nährwertrechner bietet zu jedem NRC-Wert der davon betroffen ist, eine Erläuterung an. Klicken Sie einfach auf das kleine Fragezeichen rechts in der Auswertung.

Welche Werte sind nicht betroffen?

Nicht alle Bedarfswerte sind von einer veränderten Bioverfügbarkeit in Abhängigkeit von der Art des eingesetzten Futters betroffen. Je nach Nährstoff spielen unterschiedliche Antagonisten für die Bioverfügbarkeit eine Rolle. Während Phytat die Aufnahme von Calcium, Eisen, Magnesium, Kupfer, Mangan und Phosphat hemmt, hat es auf andere Nährstoffe keinen Einfluss. Dagegen wird der Kalium- und Natriumbedarf durch den Stärke- und Zellulosegehalt der Nahrung beeinflusst. Der Jodbedarf ist unabhängig vom Phytatgehalt des Futters, wird aber durch die Anwesenheit von Glucosinolaten (z.B. in Kohl oder Soja) erhöht, da diese die Jodaufnahme stören. Sie spielen aber weder in Fertigfuttermitteln noch bei BARF eine große Rolle, da sie hitzeempfindlich sind oder einfach nicht verwendet werden. Der Selenbedarf hängt vom Anteil mehrfach ungesättigter Fettsäuren im Futter und vom Vitamin-E-Gehalt ab. Der Bedarf an Vitaminen wird im Gegensatz zu den Mineralstoffen nicht so stark durch Antagonisten beeinflusst – lediglich bei Vitamin B1 spielt der Gehalt an Thiaminase (in Fischen) und Kohlenhydraten im Futter eine Rolle.

Daher werden z.B. die NRC-Bedarfswerte für Jod oder alle Vitamine bei BARF unverändert übernommen und müssen entsprechend erfüllt werden, während bei den Mineralstoffen, deren Bioverfügbarkeit vom Vorhandensein von Phytat abhängt, eine Anpassung erfolgen muss, da BARF im Gegensatz zu Fertigfutter sehr wenig Phytat enthält.

 

Thema 6/7:

Ist BARF bedarfsdeckend?

Wie genau im Hinblick auf den BARF-Rechner BARF definiert ist, wissen Sie nun. Lernen Sie jetzt mehr über BARF.

Bedarfsdeckung BARF Rechner

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